Spiegelkapsel mit Minneszenen, Paris, 1. Drittel 14. Jh., Elfenbein, © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Stefan Büchner
Spiegelkapsel mit Minneszenen, Paris, 1. Drittel 14. Jh., Elfenbein, © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Stefan Büchner

›begehrt. umsorgt. gemartert. Körper im Mittelalter‹ im Landesmuseum Zürich

Menschliche Körper waren im Mittelalter Schauplatz von Widersprüchen: Sie wurden glorifiziert, unterdrückt, umsorgt und bestraft. Mit zahlreichen Leihgaben aus dem In- und Ausland wirft die neue Wechselausstellung im Landesmuseum Zürich vom 15. März bis 14. Juli 2024 einen kulturhistorischen Blick auf den Körper im Mittelalter.



In Zeiten von Selbstoptimierung, Schönheitsidealen und Selfies könnte man meinen, dass die Obsession mit dem menschlichen Körper noch nie so intensiv war wie heute. Doch schon im Mittelalter spielte der Körper und sein Abbild eine zentrale Rolle. Im damals mehrheitlich christlich geprägten Europa in der Zeit vom 10. bis ins ausgehende 15. Jahrhundert wurde der Körper begehrt, gepflegt und glorifiziert aber auch gemartert, versehrt und geschunden.



Das Bild des menschlichen Körpers wurde im Mittelalter vor allem durch die Kirche bestimmt. Den Körper betrachtete sie einerseits als Sitz der Begierde und damit der Sünde. Vielschichtig sind die Darstellungen von Begehren mit moralisierendem Hintergrund. Andererseits standen im Zentrum der christlichen Kunst der gefolterte Körper Jesu am Kreuz und das Ideal der jungfräulichen Maria, ergänzt mit Darstellungen der auf verschiedene Arten hingerichteten Märtyrerinnen und Märtyrer. Ihre Körperteile wurden als Reliquien verehrt und versprachen den Gläubigen Heilung, eine gute Ernte oder gar eine Schwangerschaft.



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Auch im weltlichen Alltag beschäftigten sich die Menschen des Mittelalters nicht minder mit dem Körper. Frauen und Männer der höheren Stände besaßen reich verzierte Handspiegel, puderten sich die Haut, färbten die Haare und hüllten sich in feine Düfte. Auch sportliche Betätigung war beliebt und galt als gesundheitsfördernd. In der Stadt und auf dem Land vergnügten sich Männer wie Frauen an Festtagen mit Laufen, Springen und Tanz. Besonders beliebt waren Turniere, Schießwettkämpfe und Ballspiele.



Die Körper der mittelalterlichen Unterschicht waren jedoch aufgrund der harten Lebensbedingungen mehrheitlich stark beansprucht. Schwere körperliche Arbeit, schlechte Ernährung und Krankheiten hatten gravierende gesundheitliche Folgen. Es mangelte nicht an medizinischen Ratgebern für einen gesunden Körper. Zentral und weit verbreitet war die Vier-Säfte-Lehre, bei welcher der Körper in einem harmonischen Ganzen gehalten werden sollte.



Für einen gesunden Ausgleich der Körpersäfte halfen Baden, Schröpfen und der Aderlass. Während die Elite sich von ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten behandeln lassen konnte, standen der Mehrheit Laien- und Wundärzte zur Verfügung. Auch etablierte sich ein soziales Gesundheitssystem. Mittellose und randständige Kranke wurden in den von Klöstern eingerichteten Spitälern kostenlos umsorgt und verpflegt.



Am Ende wartete auf alle der Tod. Tote Körper waren im Mittelalter alltäglich und omnipräsent. In der Hoffnung auf Auferstehung pflegte man schon zu Lebzeiten Totenrituale und betete für Verstorbene. Wie wichtig die Idee des Körpers im Mittelalter war, zeigt der christliche Glaube daran, dass die Menschen am Tag ihrer Auferstehung ihren Körper unversehrt und vollkommen in einem Alter von etwa 30 Jahren, dem Todesalter von Jesus, wiedererlangen würden.



Zahlreiche Leihgaben aus dem In- und Ausland, darunter Gemälde, Grafiken, Bücher, Skulpturen und kunstvolle Alltagsobjekte, erlauben in der Ausstellung einen kulturhistorischen Blick auf den Körper im Mittelalter. Medienstationen und Interviews laden zur Vertiefung des Themas ein und geben Impulse, auch unser heutiges Bild des Körpers zu reflektieren.



Alle weiteren Informationen findet ihr auf der Webseite des Landesmuseums Zürich .