Stadtarchiv St. Gallen, Tr. XXVI, 47.5 Detail aus dem Kalenderbild des St. Gallers Leonhard Straub von 1579
Stadtarchiv St. Gallen, Tr. XXVI, 47.5 Detail aus dem Kalenderbild des St. Gallers Leonhard Straub von 1579

›Mittelalter am Bodensee‹ im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg

Ab dem 9. Juli 2022 widmet sich unter dem Titel ›Mittelalter am Bodensee – Wirtschaftsraum zwischen Alpen und Rheinfall‹ eine internationale Wanderausstellung dem mittelalterlichen Leben im Bodenseeraum. Insgesamt zwölf verschiedene Museen und archäologische Fachstellen aus der Vierländerregion Bodensee haben sich zusammengeschlossen und präsentieren und 150 hochkarätige, zum Teil nie gezeigte archäologische und historische Exponate. Nach dem erfolgreichen Start im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen sowie dem Museum für Archäologie in Frauenfeld ist die Ausstellung nun bis zum 08. Januar 2023 im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz zu sehen.



Der Bodensee und seine Zuflüsse wurden im Mittelalter als Wasserwege genutzt, die einen Wirtschaftsraum von den Bündner Alpenpässen bis zum Rheinfall verbanden. Städte bildeten Bündnisse, man einigte sich auf ein einheitliches Währungssystem, betrieb Landwirtschaft, Handwerk, Bergbau und handelte mit weit entfernten Gebieten.



Die Ausstellung zeigt die wichtigsten Bereiche des mittelalterlichen Lebens und Wirtschaften am Bodensee. Die Landwirtschaft bildete die Grundlage für die Nahrungsversorgung der Bevölkerung. In den Städten wurden Rohstoffe verarbeitet, die Handwerker waren in Zünften organisiert. Fertigprodukte, Halbfabrikate und Abfallstücke geben einen Einblick in die mittelalterliche Handwerkskunst. An Häfen wurden Güter umgeladen, auf Märkten wurde gehandelt, Schiffe und Lastentiere transportierten Handelsgüter in weit entfernte Gebiete. Der große Exportschlager waren Leinwandprodukte, die bis nach Nordafrika, Syrien und auf die Krim verhandelt wurden.



Schriftquellen aus dem Stadtarchiv Konstanz und dem Generallandesarchiv Karlsruhe vermitteln neben den archäologischen Artefakten eine weitere Facette des Wirtschaftsraums Bodensee im Mittelalter. Insgesamt sechs Dokumente aus dem 13. bis 16. Jahrhundert geben einzigartige Einblicke in das alltägliche Leben, in Handelshemmnisse, Vorschriften, Steuern und den Willen, gemeinschaftlich Probleme anzugehen und zu lösen. Ein kostbares Exponat ist der Riedlinger Vertrag aus dem Jahr 1423: Der Münzvertrag zwischen der Grafschaft Württemberg, den sechs Bodenseestädten Konstanz, Überlingen, Lindau, Wangen, Buchhorn (heute Friedrichshafen) und Radolfzell sowie der neun innerschwäbischen Städte Ulm, Rottweil, Schwäbisch Gmünd, Kempten, Pfullendorf, Kaufbeuren, Isny, Giengen und Aalen regelte die Geldverhältnisse weiter Teile Schwabens für Jahrzehnte verbindlich. An der Urkunde hängen die Siegel der 18 Vertragspartner, die in außergewöhnlich gutem Zustand erhalten sind.



Wie schon bei der Sonderausstellung ›Magisches Land – Kult der Kelten in Baden-Württemberg‹ erleben die Besucherinnen und Besucher auch in der neuen Sonderausstellung nicht zuletzt durch hinterleuchtete Wände ein sehr stimmungsvolles und realistisches Ambiente, das sie direkt ins Mittelalter führt. Die großformatigen kolorierten Federzeichnungen, die hier Verwendung finden, stammen aus der reich bebilderten Richental-Chronik, die der Konstanzer Bürger Ulrich von Richental verfasst hat. Als Zeitzeuge des Konstanzer Konzils (1414-1418) beschreibt er in oberdeutsch-alemannischer Mundart die bedeutenden Ereignisse, aber auch kleine Alltagsbegebenheiten. Die ursprüngliche Chronik ist nicht erhalten, aber in 16 Abschriften überliefert. Die hier verwendete reich bebilderte Version ist wohl um 1464 entstanden und im Rosgartenmuseum Konstanz ausgestellt.



Alle weiteren Informationen findet ihr auf der Webseite des Archäologischen Landesmuseums .